Rügen, Deutschlands größte Insel, erstreckt sich in Nord-/Südrichtung über 51 Kilometer, in West-/Ostrichtung über knapp 43 Kilometer und besitzt 574 Kilometer Küste. Neben feinsandigen Stränden und großen Waldgebieten, die teilweise bis an das Waser reichen, gibt es die großartige und bizarre Kreideküste im Osten des Nationalparks Jasmund, die jedes Jahr zahlreiche Urlauber auf die Insel locken. Hier sollte eigentlich jeder eine Möglichkeit finden Urlaub ganz nach seinem Geschmack machen zu können. Die Angebote sind extrem vielseitig. Von Camping bis zum 5*-Luxus ist alles möglich. Zahlreiche Ferienwohnungen, zum großen Teil in den wunderschönen und wieder erstandenen Häusern der Bäderarchitektur, aber auch moderne Designhotels und lauschige Privatquartiere laden zum unbeschwerten Urlaubsvergnügen ein. Mich hat die Deutsche Bahn Anfang September 2006 ohne Umsteigen von Düsseldorf bis an meinen Ferienort Binz gebracht, vorbei an den langen Staus der Urlauber, die mit dem eigenen Auto die Anreise angetreten haben. In den Sommerferien und an den übrigen Sommerwochenenden scheint heftiger Autoverkehr die wenigen Hauptstraßen zu verstopfen. Ich jedenfalls habe auf der Insel mein Auto nicht vermißt. Planmäßig verkehrende Busse, Schiffe und Dampfzüge (!) lassen einen bequem in die verschiedensten Richtungen gelangen. Ansonsten sind die eigenen Füße, das Fahrrad, oder das Pferd das Fortbewegungsmittel erster Wahl, um die Naturschönheiten Rügens zu entdecken.

An einem kalten Septembermorgen habe ich dieses Panoramabild auf der Seebrücke von Binz aufgenommen. Der nächtliche Tau hat die Holzplanken des Stegs in eine ziemliche Rutschbahn verwandelt, doch noch hatte die Sonne ausreichend Kraft schon kurze Zeit später die Szenerie in einen wunderschönen warmen Spätsommertag zu verwandeln. Links von der Brücke das Luxushotel Ceres, kurz vor der Eröffnung, rechts, der große weiße Bau mit rotem Dach ist das Kurhaus Binz, ebenfalls ein luxuriöses Strandhotel. Wenn Sie auf das Foto klicken, sollte es sich in einer größeren Version öffnen.

Frisch gepflanzte Bäume lassen die künftige prächtige Allee der Binzer Hauptstraße schon erahnen.

Direkt an der Strandpromenade gelegen, dient die 1885 errichtete Villa Undine heute als komfortable Ferienunterkunft. Es handelt sich um eines der heute denkmalgeschützten Häuser, die einst aus Fertigteilen gebaut wurden. Ein Schiffsbaumeister aus Wolgast hatte Ende des 19. Jahrhunderts die Idee, aus hochwertigen tropischen Hölzern diese Häuser zu erbauen und bot seine Fertigteile sogar per Katalog an.

1906 gebaut und ebenfalls in bester Lage, die Villa Glückspilz. Von den Balkonen im Dach blickt man über den Grünstreifen der vorgelagerten Strandpromenade auf das Meer.

Die Hauptstraße in Binz ist gesäumt von schönen Häusern im Stil der Bäderarchitektur. Zahlreiche Geschäfte, Kaffees, Kneipen, Hotels und Restaurants locken die Urlauber. Die Straße führt zur wieder errichteten Binzer Seebrücke und zweigt vorher am Strand in die kilometerlange Strandpromenade ab.

Der Begriff Bäderarchitektur meint vor allem weiß gestrichene Holzbalkone, bzw. verglaste Veranden, verspielte Erker, Ecktürmchen, Dachreiter und filigrane Ornamente. Bedient haben sich Baumeister und Architekten des 19. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Stilepochen und Kulturkreisen. Trotz der zahlreichen um die Wende vom 19. zum 20 Jahrhundert in relativ kurzer Zeit entstandenen Logierhäuser und privaten Ferienvillen, gleicht kein Haus exakt dem anderen.

Aus dem lateinischen und frei übersetzt meint Quisisana "wo es dir gut geht". Eines der vielen wunderschönen Häuser mit bewegter Geschichte an der Strandpromenade von Binz.

Ein Spätsommertag am Meer, wie man ihn gerne hat. Blauer Himmel, weiße Wolkentupfer, eine leichte Brise, der Sand ist warm und der Strand nach den Sommerferien nicht mehr so überlaufen. Am Ende der Binzer Seebrücke legen die regelmäßig verkehrenden Schiffe an, welche die Seebäder miteinander verbinden. Eine hervorragende Möglichkeit, Rügen auch ohne Auto erkunden zu können.

Die Strandpromenade ist durch einen breiten Dünengürtel vom feinen Sandstrand getrennt. Die mit großem Aufwand befestigten Dünen bieten Schutz vor Sand, Wind und Hochwasser.

Die Wassernixe, welche hier ins Muschelhorn bläßt, mag die Gäste zum Abendessen rufen. Zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs und zum Beginn der blauen Stunde wird es jedenfalls Zeit sich einen lauschigen Platz in einem der vielen Restaurants zu suchen.

Rügen bietet unendlich viele schöne Ein- und Ausblicke, die es zu entdecken gilt. Die bekanntesten davon gibt es natürlich als Postkarte.

Ein früher Morgen am Strand, der bereits den nahenden Herbst erahnen läßt. Ich liebe diese Tage, an denen es von kühlen Temperaturen am Morgen zu einem angenehm warmen Nachmittag wird.

Angeblich wurde der Strandkorb auf Rügen erfunden. Der Rostocker Korbmacher Wilhelm Bartelmann soll ihn 1893 auf der Insel eingeführt haben. An den vielbesuchten Stränden ist überall eine Anmietung möglich, einige Hotels und Ferienwohnungen verfügen über eigene Strandmöbel, reserviert für ihre Gäste.

Jeder, der die Bewohner des Hauses "Wasserhuhn" besuchen möchte, sollte folgende angeschriebene Warnung beherzigen: "Wenn Du mich ärgern willst, bleib' draußen, sollst im Meer ersaufen; kommst Du als Freund zu mir, komm' rein, Gott segne Dich!".

Nichts gegen die preußische Ordnung. Jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, den Strand betreten zu wollen, mache sich vorher mit den Regularien vertraut!

Fürst Wilhelm Malte I. von Putbus war der Auftraggeber für dieses schmucke klassizistische Jagdschloß. 1837 nach Plänen des Baumeisters J.G. Steinmeyer begonnen, wurden die Pläne bereits ein Jahr später durch den zu Rate gezogenen Professor für Baukunst, Karl Friedrich Schinkel, abgeändert. Ihm verdankt das Schloß den 38 Meter hohen Aussichtsturm und die Erhöhung der Ecktürme.

Die originale Einrichtung ist leider fast vollständig in den Jahren 1945/1946 verschwunden. Die Möbel, die heute im Schloß zu sehen sind, stammen aus späteren Epochen. Erhalten sind einige repräsentative Marmor- und Parkettböden, Wandvertäfelungen und Stuckdecken.

Der Bauherr, Wilhelm Malte I. von Putbus (1783-1854), gründete auch das erste Seebad auf Rügen.

Im mittleren Turm des Schlosses führt diese Treppe aus gußeisernen Stufen bis zum Dach und dort auf eine Aussichtsplattform, von der aus man einen wunderschönen Blick über die Insel hat. Einfach großartig!!! Unbedingt hinaufsteigen und genießen! Wenn da nicht das mulmige Gefühl in der Magengrube wäre. Das dünne Geländer und noch vielmehr die filigran durchbrochenen Stufen lassen so manchem den Angstschweiß auf die Stirn treten. Zum Trost sei gesagt, daß der Abstieg viel schwieriger ist als der Aufstieg. Es gibt jedoch einen einfachen Trick, um lebend wieder unten anzukommen; man blicke beim hinuntergehen stur geradeaus und nicht nach unten! Wenn man sich zusätzlich am Handlauf der Steinwand gut festhält und mit gleichmäßigem Tempo Schritt für Schritt absteigt, ist es nur halb so schlimm. Außerdem verhindert das Personal "Gegenverkehr", d.h. es wird wechselweise nur auf- oder nur abgestiegen.

Wie gesagt, der mutige Treppenbezwinger wird reich belohnt. Genießen Sie den Rundblick.

Wer kann, der wandere, wandere, wandere, um die herrliche und weitestgehend geschützte Natur der Insel zu genießen.

Dieses altmodische Verkehrsmittel tut, zumindest in den touristisch stärker frequentierten Monaten, seinen äußerst zuverlässigen und pünktlichen Transportdienst. Auf schmaler Spur und mit viel Dampf fährt, exakt nach Fahrplan, die Kleinbahn in gemütlichem Tempo zu zahlreichen schönen Ecken auf der Insel. Hut ab vor den Männern und Frauen die das regelmäßig so ausgezeichnet im Griff haben.

Der Waldwanderweg von Binz nach Sellin bietet immer wieder schöne Ausblicke auf das Meer und den Küstenstreifen. Hier ist schon die Selliner Seebrücke in Sicht, die mit einem eindrucksvollen Brückenhaus aufwarten kann.

Der Ort Sellin liegt auf einer steilen Klippe und ist mit dem Strand und der Seebrücke über eine lange Treppe, der sogenannten "Himmelsleiter", verbunden. Wer nicht so gut zu Fuß ist, kann ohne große Mühe einen Aufzug benutzen, der am linken Bildrand auf die seebrücke führt. 1906 auf 508 Metern errichtet, zerstörte Treibeis die Brücke mehrere Male. Zu Zeiten der DDR verfiel der traurige Rest und erst 1992 wurde die Brücke mit seinem Brückengebäude, welches Restaurants und Geschäfte beherbergt, neu eröffnet. Mit 393 Metern ist sie die längste und eindrucksvollste Seebrücke Rügens.

An der Seebrücke zeigen alte Fotografien das Badeleben in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Eine tolle Idee!

Auf der Selliner Wilhelmstraße, einer prächtigen, lindengesäumten Allee, beeindrucken die herrlichen Holzfassaden.

Vierzig Jahre später wollte man durch Größe beeindrucken.

Für das Projekt "Seebad Prora", benannt nach der bewaldeten Anhöhe zwischen Binz und Sassnitz, wurde am 02.05.1936 der Grundstein gelegt. Bauherr war die nationalsozialistische Ferienorganisation KDF, die an einem der schönsten Rügener Strände das erste von insgesamt 5 geplanten "Seebäder der 20.000" errichten ließ. 8 sechsgeschossige und jeweils 500 Meter lange Blöcke sollten auf einer Gesamtlänge von 4,5 Kilometern bis zu 20.000 Menschen gleichzeitig eine Urlaubsmöglichkeit bieten. Mehrere Seebrücken, schiffsbugartige Gemeinschaftshäuser mit Restaurants und Kegelbahnen, eine gigantische Festhalle und ein ebensolcher Aufmarschplatz sollten das streng organisierte "Freizeitangebot" vervollständigen. Bis zum Kriegsbeginn 1939 konnte die Anlage nicht fertiggestellt werden, die zeitweise bis zu 5000 Arbeitskräfte wurden abgezogen und der Bau nicht weiter fortgeführt.

Dieses Modell, anzusehen im Dokumentationszentrum Prora, veranschaulicht deutlich die Gigantomanie der Bauherren. Kleine Randnotiz: der Architekt dieser Bettenburg hieß Clemens Klotz (!).

Nach Demontage und Plünderung durch die Rote Armee und dem mißlungenen Versuch das Symbol der Naziherrschaft zu sprengen, zog 1950 der Vorläufer der Nationalen Volksarmee, die "Kasernierte Volkspolizei", in das abgeschieden gelegene Gebäude ein. Das Gelände Drumherum und die Straße zwischen Binz und Sassnitz wurden zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Zeitweilig waren hier bis zu 15.000 Soldaten stationiert. Später wurde die Kaserne in eine Soldaten- und Offiziersschule umgewandelt.

Seit der Wiedervereinigung stellt sich die Frage, was mit diesem riesigen Komplex geschehen soll. Heute existieren noch 5 Blöcke mit insgesamt 11463 Zimmern, die einen jährlichen Unterhalt von 3 Millionen Euro erfordern. 1994 wurde Prora unter Denkmalschutz gestellt. Neben der gewaltigen Anlage sind dort ein sehenswertes Dokumentationszentrum, mehrere Museen, Galerien, Cafés, eine Jugendherberge und mittlerweile vieles mehr zu besichtigen.

Hier eines der 12 Quadratmeter großen KDF-Zimmer mit eigens entworfenem Mobiliar und Dekoration. Waschräume und Toiletten befanden sich in den breiten Treppenhäusern an den Seiten der jeweiligen Blöcke.

Das NVA-Museum erinnert an die Zeit der Kasernennutzung durch die Nationale Volksarmee der DDR. Amts- und Wohnstuben, sowie die Militärbürokratie kommen mir, als ehemaligem Wehrdienstleistenden der Bundeswehr, sehr bekannt vor. Lediglich die Machtsymbole und die Bilder an den Wänden waren andere.

Hier geht der Blick Richtung Sassnitz und auf einen Teil der Kreideküste. Bereits vor 100 Jahren legten hier die ersten Fähren zum schwedischen Trelleborg ab. Heute geht es, vom neuen Fährhafen Sassnitz-Neu Mukran, auch nach Ronne, Kopenhagen und nach Kleipeda in Litauen.

Die einst größte Fischfabrik der ehemaligen DDR existiert noch heute und verarbeitet den Fang der Fischer, die im Hafen von Sassnitz ihre Netze pflegen.

Der vielleicht schönste, mit Sicherheit der bekannteste Wanderweg auf Rügen führt von Sassnitz etwa 10 Kilometer durch den Nationalpark Jasmund zum Königsstuhl, einem 118 Meter hoch aufragenden Kreidefelsen mit seiner bereits vor 300 Jahren angelegten Aussichtsplattform

Ich bin früh morgens mit dem Bus zum Königsstuhl gefahren und von dort, teils auf dem Hochuferweg, teils am Wasser an der Steilküste entlang, nach Sassnitz zurück gewandert. Unterwegs gab es immer wieder bezaubernde Ausblicke auf die fantastische Steilküste mit ihren Kreideformationen.

Ausgedehnte Buchenwälder erstrecken sich bis unmittelbar an die Abbruchkante. Durch wind- und wetterbedingte Erosion stürzen immer wieder ganze Bäume in die Tiefe und auch die Kreide gibt gelegentlich nach und so ist die Küste stets von Veränderungen betroffen, die das passieren an der Wasserlinie manchmal etwas schwierig und gefährlich werden lassen.

Das, was ich in 2 Wochen auf Rügen gesehen habe, war nur ein kleiner Ausschnitt aus dem vielfältigen Angebot dieser wunderschönen Insel. Die Inselmitte und der Norden, über den Königsstuhl hinaus, möchte ich natürlich auch noch entdecken. Also - auf Wiedersehen!