Lissabon stand schon lange auf meiner Reisewunschliste und als sich Anfang des Jahres ein wirklich verlockendes Hotelangebot einstellte, blieb nur noch zuzugreifen und eine Anreisemöglichkeit zu finden. Auch wenn derzeit die Verfilmung des Romans "Nachtzug nach Lissabon" in den Kinos läuft, läßt sich diese mir liebste Anreisemöglichkeit gar nicht wirklich von Deutschland aus buchen. Jedenfalls liefen meine Versuche am Düsseldorfer Hauptbahnhof, bei den sehr bemühten Kundendienstlern im Reisezentrum, ins Leere. Leider wurde die durchgehende Schlafwagenverbindung Paris - Lissabon eingestellt. Das wäre eine Reise nach meinem Geschmack gewesen. Also doch fliegen, seufz.
Nach einer unspektakulären Anreise mit Umstieg in München bin ich sicher in Lissabon angekommen. Freundliche Amerikaner haben mir ihr angebrochenes 24-Stunden-Ticket für die U-Bahn geschenkt, so daß ich, dank der stadtnahen Lage des Lissabonner Flughafens, schon nach kurzer Fahrzeit in meiner Unterkunft eintraf. Wenn Sie eine angenehme Übernachtungsmöglichkeit in Lissabon suchen, kann ich das Corinthia Hotel in der Nähe des Zoologischen Gartens wärmstens empfehlen. Von außen ein gesichtsloses Hochhaus mit 24 Stockwerken, besitzt es angenehm eingerichtete, blitzsaubere Zimmer mit allem Komfort, sehr freundliches Personal und bietet ein sensationelles Frühstücksbuffet. Da die U-Bahnstation direkt dem Hotel gegenüber liegt, ist man nach 10 Minuten Fahrzeit im historischen Zentrum der Stadt. Im U-Bahnhof "Jardim Zoologico" gibt es einen kleinen Supermarkt der alles für den täglichen Bedarf bietet und in dem man sehr freundlich bedient wird. U-Bahn fahren in Lissabon ist einfach. Man kauft am Automaten ein wiederaufladbares Ticket für 50 Cent und kann dann darauf immer wieder einen beliebigen Betrag aufladen (am besten in bar, meine EC-Karte hat jedenfalls nicht funktioniert). Jedesmal wenn man die Sperre am Eingang passiert, wird der Fahrpreis von 1,40 Euro abgezogen und der Restbetrag auf der Karte angezeigt, Es gibt 4 farbig markierte Linien, die alle miteinander verbunden sind. Das ist sehr leicht zu durchschauen. Beste Voraussetzungen also für einen gelungenen Städtetrip.
Stürzen wir uns hinein ins Vergnügen und fahren bis zur Station "Baixa-Chiado", folgen den hübschen Wellenlinien und landen im Herz der Stadt, auf dem "Rossio".
Der "Rossio", seit dem Mittelalter einer der 3 Hauptplätze von Lissabon, wird von der Bronzestatue des portugisischen Königs Dom Pedro der Vierte (1798-1834) beherrscht, der im Laufe seines Lebens als Pedro der Erste auch Kaiser von Brasilien wurde. Außerdem gibt es 2 prächtige Springbrunnen nach französischem Vorbild des 19. Jahrhunderts, sowie das auffällige Straßenpflaster, welches von Strafgefangenen gelegt wurde.
Noch treibt der nahe Atlantik feuchte Luft und dicke Wolken in die Stadt unter denen eine merkwürdig gräulich bräunliche Lichtstimmung herrscht, aber das wird sich bald ändern.
An der einen Stirnseite begrenzt das im neoklassizistischen Stil errichtete Teatro Nacional Dona Maria die Zweite den Platz, die andere Stirnseite ist über die Rua Augusta und die Rua Aurea mit dem größten Lissaboner Platz, dem Praca do Comércio verbunden, den wir natürlich auch noch besuchen werden.
Rund um den Platz gibt es zahlreiche Cafes und alteingesessene Geschäfte und einige kleine "Trinkhallen", in denen die Lissaboner zu jeder Tageszeit einer Leidenschaft, dem "Ginjinha", fröhnen. Das ist ein Likör, der aus Sauerkirschen hergestellt wird und den man an den Ausschankstellen im Stehen zu sich nimmt.
Die Rua Augusta, gesäumt von eleganten Geschäften, Cafes und Restaurants, bringt uns vom Rossio an den Tejo. Leider leider kann ich nicht das Lissabonfoto schlechthin präsentieren, da sowohl der berühmte Bogen Arco da Rua Augusta, als auch die Reiterstatue José des Ersten, die durch den Bogen zu sehen ist, derzeit saniert werden und vollständig eingepackt sind.
Wir befinden uns in der Baixa, der Unterstadt, die nach dem verheerenden Erdbeben von 1755, bei der große Teile der Stadt zerstört wurden und 60.000 Menschen ihr Leben verloren, in Windeseile wieder aufgebaut wurde. Schnurgerade, im Schachbrettmuster angelegte, 12 Meter breite Straßen mit eleganten klassischen Gebäuden, die in einer Art standardisiertem Fertigbau errichtet wurden, kennzeichnen das Viertel. Der Auto- und der Straßenbahnverkehr werden auf vier Straßen darum herum geleitet.
Überall in der Lissaboner Innenstadt finden wir kunstvoll verlegtes Straßenpflaster, welches Calcada à portuguesa gennant wird. Von Lissabon ausgehend, hat dieser Straßenbelag ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ganz Portugal erobert. Handgeschnitten sind die weißen Kalksteine und der schwarze Basalt mit denen die verschiedensten Muster gelegt wurden. Damit diese Fähigkeiten nicht verloren gehen, wurde in Lissabon sogar eine Fachschule gegründet, die das Handwerk am Leben hält. Ich habe immer mal wieder ein Foto mit schönen Mustern eingeschoben.
Im Osten der Unterstadt liegt, auf hoher Klippe, die Festung Castelo de Sao Jorge, die Keimzelle der Sadt Lissabon und damit der älteste Teil der Stadt. Extrem steile Wege führen nach oben, man kann sich den Aufstieg jedoch durch den Gebrauch der alten Straßenbahn erleichtern, sofern man überhaupt Platz in den kleinen Wagen findet.
Auch im Westen steigt das Gelände um die Baixa steil an und um in die höher gelegenen Stadtteile zu gelangen, muß man entweder steile Straßen oder Treppen überwinden, oder man nutzt den bereits 1902 gebauten Elevador de Santa Justa, einen Aufzug der mühelos die 45 Höhenmeter überwindet.
Die Jungs im Vordergrund verkaufen geröstete Kastanien, die, ganz serviceorientiert, bereits verzehrfertig aus der Schale gelöst sind.
Bevor wir uns an den beschwerlichen Aufstieg zu Fuß in die höher gelegenen Stadtviertel machen, schauen wir erst mal auf den Fluß Tejo, der sich auf Höhe des Praca do Comércio bereits zu einem breiten Strom erweitert, kurz bevor er sich in den Atlantik ergießt.
Der riesige Platz, auf dem bis zum großen Erdbeeben 1755 das königliche Schloß stand, wird von arkadengesäumten Häusern umstellt, die heute Sitz verschiedener Ministerien sind. Nette Cafes laden zum verweilen ein, aber der Platz ist so groß, daß keine gemütliche Stimmung aufkommen will.
Zahlreiche Bahn- und Buslinien starten oder enden am Praca do Comércio. Die alten Straßenbahnen, die wir noch auf zahlreichen Fotos sehen werden, sind im täglichen Linienverkehr unterwegs und erfreuen sich so großer Beliebtheit bei den Touristen, daß es oftmals schwierig ist überhaupt einen Platz darin zu finden.
Der Wetterbericht hat nicht gelogen, es heitert sich gegen Mittag auf. Ersteigen wir daher zunächst den Burgberg mit dem Castelo de Sao Jorge und genießen zur Belohnung der Mühen den sagenhaften Ausblick über die Stadt.
Ich will mich schon an dieser Stelle für die vielen Bilder von den historischen Straßenbahnen entschuldigen die da noch kommen werden. Möglicherweise sind es ein paar zu viel, aber mich haben sie so sehr fasziniert, daß ich die Bahnen so oft es ging in meine Fotos mit einbezogen habe. Ich finde es großartig, daß auf den Linien 12 und 28 diese betagten Gefährte noch im Liniendienst unterwegs sind. Anstatt sie auszumustern und gegen die modernen Straßenbahnen, die bereits auf den anderen Linien unterwegs sind, auszutauschen, hat man die "eléctricos" technisch modernisiert und ansonsten wie vor hundert Jahren belassen. Moderne Gelenkbahnen könnten vermutlich auch nicht die engen Kehren in der Altstadt Lissabons bewältigen. Da fehlen manchmal bloß ein paar Zentimeter zwischen der Straßenbahn und den Hauswänden.
Normalerweise sind ja Oberleitungen der Graus jedes Fotografen, aber wenn sie ein so schönes grafisches Muster ergeben, nehme ich sie gerne auf.
Auf halbem Weg nach oben erreichen wir zunächst die Kathedrale, Sé Patriarcal genannt, mit ihrer strengen Fassade und den zinnenbewehrten Zwillingstürmen. In diesem ältesten Areal der Stadt haben bereits die Römer, Goten und Mauren ihre Spuren hinterlassen, aber, zumindest in Gestalt der Kathedrale, auch die Engländer. Nachdem der portugisische König Afonso Henriques Lissabon von den Mauren zurückerobert hatte, ließ er die an dieser Stelle errichtete Moschee abreißen und dankte den Kreuzrittern, die ihn bei seinen Feldzügen ünterstützt hatten, indem er den Ritter und Gefolgsmann Gilbert of Hastings zum ersten Bischof der Stadt machte. Den Bischofssitz ließ er von einem weiteren englischen Gefolgsmann, Pater Robert, ab 1147 errichten, woraus sich die Ähnlichkeit der Kathedrale zu romanischen Wehrkirchen in Nordfrankreich erklärt.
Die Schatzkammer der Kathedrale ist voll mit religiösen Kunstwerken und reich bestickten Gewändern.
Ein Stückchen hinter der Kathedrale und wieder ein paar Meter höher stoßen wir auf einen hübschen Aussichtspunkt, der von der Statue des Sao Vicente geziert wird, dem Schutzheiligen Lissabons, dessen Reliquien in der Kathedrale aufbewahrt wurden, welche aber bei dem verheerenden Erdbeeben von 1755 verloren gingen.
Wir mobilisieren die letzten Kraftreserven, es wird noch einmal steil, und gelangen vor das Eingangstor der Festung.
Das Castelo de Sao Jorge liegt auf dem strategisch günstigen Hügel, auf dem bereits vor dreitausend Jahren die Phönizier eine Siedlung gründeten. Griechen, Römer, Goten und Araber haben hier gelebt, die Ausgrabungen auf dem weitläufigen Gelände bringen es an den Tag. 1147 wurde die von den Mauren gebaute Burg von dem portugisischen König Afonso Henriques, deutsch: Alfons der Eroberer, eingenommen und danach jahrhundertelang als Königssitz verwendet. Das schwere Erdbeeben von 1755 ließ nur Ruinen zurück, das heutige Aussehen der Burganlage geht auf Nach- und Neubauten im Vorfeld einer großen Staatsfeier 1940 zurück. Auf dem früheren Waffenplatz steht heute die Statue des Eroberers.
Aufgrund der exponierten Lage hat man einen fantastischen Rundumblick über ganz Lissabon.
Die Ausgrabungsstellen der Archäologen sind zugänglich und vor Regen und Wind gut geschützt.
An die Hänge der Burgmauern schlossen sich die Wohnviertel der maurischen Händler und Handwerker an, noch heute sind die Stadtteile Alfama und Mouraria auf das engste bebaut und mit einem Gewirr von Gassen durchzogen.
Diese wunderschöne Hängebrücke, die Ponte 25 de Abril, die 1966 fertiggestellt wurde, ähnelt auf den ersten Blick der Golden Gate Bridge in San Francisco, allerdings ist das Vorbild die San Francisco Bay Bridge, die ebenfalls von der American Bridge Company, allerdings 30 Jahre früher, gebaut wurde. Auf 2 Etagen werden der Auto- und der Zugverkehr auf etwa 2,5 Kilometer über den Tejo geführt.
Die heimlichen Herrscher der Festung sind die Pfauen, die sich bevorzugt in der Nähe des Cafes aufhalten. In Anbetracht des schönen Wetters habe ich einen Imbiß auf der Terrasse eingenommen und war sogleich von mehr als einem halben Dutzend dieser großen Fasanenvögel umzingelt, die meinen Tisch umkreisten. Dabei war ihr Blick stets nach oben gerichtet, um etwaige Krümel, die sich in Richtung Boden aufmachen sollten, sofort aufzuschnappen. Ein Gefühl wie in Hitchcocks "Die Vögel", glücklicherweise wurde ich nicht attackiert sondern nur stumm, mit immer länger werdendem Hals, angebettelt.
Steigen wir vom Castelo hinab in Richtung Tejo durchqueren wir die Altstadt Lissabons, die Alfama.
Hier werden die Straßen und Gassen sehr eng, ein Labyrinth für Fußgänger, die Marschrichtung heißt Zickzack und möglichst immer abwärts.
Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, daß zahlreiche Häuser in Lissabon nicht verputzt sondern gekachelt sind. Das hat in Portugal lange Tradition. Nachstehend habe ich ein kleines Tableau mit verschiedenen Azulejos zusammengestellt. Einfach auf das erste Bild klicken, es öffnet sich ein Fenster und das Foto kann in voller Größe betrachtet werden. Mit einem Klick auf dem kleinen Pfeil unter dem ersten geöffneten Bild kann eine Diaschow abgerufen werden, d.h. die Bilder öffnen sich nacheinander und verschwinden nach ein paar Sekunden Standzeit wieder.
Viele Azulejos landen auf Flohmärkten und bei Trödlern und werden von Touristen gerne als Souvenir mitgenommen. Es gibt zahlreiche traditionelle und auch moderne Motive,
Nicht nur Fliesen zieren die Wände von Häusern, Kirchen und Palästen, sondern auch viele unschöne Schmierereien sind im Straßenbild zu finden. Auf manchem vorhergegangenem Foto waren sie schon störendes Beiwerk. Es gibt aber auch sehr hübsche und teilweise rätselhafte Wandmalereien, von denen ich nachfolgend einige zeigen möchte. Es gilt das bereits bei den Fliesen gesagte, d.h. auf ein Bild klicken und die Diashow starten.
In die westlichen Hügel geht es natürlich ebenso steil hinauf wie zum Castello, hier kann man jedoch, wie bereits zuvor erwähnt, den alten Aufzug oder eine alte Standseilbahn benutzen. Ich gehe natürlich zu Fuß, da sehe ich mehr.
Eine moderne, zeit- und kraftsparende Variante von der Ober- in die Unterstadt oder umgekehrt zu gelangen, ist auf dem nachstehenden Plan zu sehen. Die zentral gelegene Metrostation "Baixa-Chiado", von der aus ich alle Entdeckungsreisen in Lissabon gestart habe, besitzt einen Ausgang zur Unterstadt und einen weiteren Ausgang in die Oberstadt. Dazwischen liegen mehrere unendlich lange Rolltreppen, die einen bequem rauf- und runterbringen. Für diese Bequemlichkeit muß man noch nicht einmal eine Sperre passieren, d.h. es braucht keinen Fahrschein.
Die Oberstadt, bestehend aus den Stadtteilen Chiado und Bairro Alto, befindet sich hoch über dem Stadtzentrum und zeichnet sich durch einen Mix aus bodenständiger Wohngegend und originellem Geschäftsviertel aus.
In diesem Geschäft, "A Vida Portuguesa", scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Hier gibt es viele schöne altmodische Dinge die das Herz des Nostalgikers erfreuen. Süßigkeiten, Spielsachen, Haushaltswaren, Karten und Bücher, Parfüm, Seifen, Rasiercreme und und und, alles getreu alten Vorbildern hübsch verpackt und somit höchst geeignet als Souvenir. Ein Besuch, wenn auch nur der Webseite, sei wärmstens empfohlen.
Von der oberen Plattform des alten Aufzugs hat man einen schönen Blick auf die Unterstadt, darum gibt es hier noch einmal ein paar Übersichten.
Die Kirchenruine des Convento do Carmo ist ein Ergebnis des großen Erdbeebens von 1755 und beherbergt heute das Museu Arquelógico do Carmo.
Blick von der Seite auf die mächtige Statue König Pedro des Vierten auf dem Rossio.
Nachstehend noch ein paar Bilder von unterwegs, kreuz und quer durch Lissabons Zentrum, ohne weiteren Kommentar.
Im ehemaligen Maurenviertel Mouraria, das heute fest in in der Hand asiatischer Händler ist, beginnt zunächst sanft der Anstieg zu zwei weiteren wunderschönen Aussichtspunkten, dem Miraduro Nossa Senhora do Monte und dem Miraduro da Graca.
Leider leider verschlechterte sich das Wetter im Laufe des Aufstiegs zu den 2 schönsten Aussichtspunkten Lissabons zusehends und oben angekommen war es grau und windig und so gar nicht fotogen. Pech gehabt und ein Grund mehr irgendwann wiederzukommen.
Die kleine Kirche Ermida de Sao Gens wacht über den Miraduro Nossa Senhora do Monte, bei schönem Wetter, besonders im Abendlicht, einer der schönsten Orte in Lissabon.
Ende Teil 1.
Bitte beachten Sie auch meine Fotos vom Parque das Nacoes, dem Ozeanarium und von meinem Ausflug nach Belem im 2. Teil.
Vielen Dank.