Von Kopenhagen nach Stockholm bin ich mit dem Schnellzug X2000 gefahren. Das war eine wunderbare Reise über die Öresundbrücke und durch die herrliche Landschaft in die schwedische Hauptstadt. Pünktlich um 11:37 Uhr ging es von Kopenhagen-Central auf die etwa 650 Kilometer lange Reise und um 16:50 Uhr war ich ebenso pünktlich am Ziel. Zwischendrin konnte ich mir die Zeit mit vielen schönen Ausblicken, gratis Kaffee, Tee, kalten Getränken, kleinen Kuchen, Obst und schnellem Internet im komfortablen 1. Klasse-Zugwaggon vertreiben. Danke an die schwedische Eisenbahn SJ !
Da ich das Ticket bereits 3 Monate vor Reiseantritt im Internet gekauft und selbst ausgedruckt hatte, hat mich die Hinfahrt keine 50 Euro gekostet, zurück war es noch ein wenig günstiger, mit allen vorgenannten Annehmlichkeiten der Ersten Klasse wohlgemerkt.
Aufgrund der Ankunftszeit war es am Stockholmer Hauptbahnhof extrem voll und hektisch. Nachdem ich mir in einem Zeitungsladen ein 3-Tage-Ticket für die U-Bahn gekauft und mich in eine überfüllte Bahn gequetscht hatte, war ich froh, nach wenigen Stationen zu meinem Hotel zu gelangen. Ein schneller Check-In, eine Handvoll Wasser ins Gesicht und gleich ging es los zu einem ersten Spaziergang rund um das Hotel im Stadtteil Östermalm.
Die Orientierung in Stockholm ist nicht schwer, da viele Straßen schachbrettartig angelegt sind und dazu noch zum Wasser hin leicht abfallen. Bei meinem ersten Spaziergang bin ich jedoch nur bis zu einem der zahlreichen schönen Parks gekommen, dem königlichen Hopfengarten (Kungliga Humlegärden), der ursprünglich als königlicher Gemüsegarten angelegt wurde und in dem auch der Hopfen für das königliche Bierchen sproß.
In diesem schönen Park stehen nicht nur viele prächtige alte Bäume, sondern auch die Statue des großen schwedischen Gelehrten und bedeutenden Naturforschers Carl von Linné. Mit seinen zahlreichen Schriften und Verzeichnissen schuf er bereits im 18. Jahrhundert die Grundlagen der modernen botanischen und zoologischen Klassifizierung und Benennung von Lebewesen. In den Blumenrabatten um sein Denkmal wächst u.a. das nach ihm benannte Moosglöckchen der Gattung Linnaea.
Nach einer angenehmen Nacht und einem guten Frühstück im empfehlenswerten Clarion Collection Hotel Tapto, gelegen in einem ruhigen Neubauviertel im Stadtteil Östermalm, bin ich mit der U-Bahn, welche hier mit einem großen "T" für Tunnelbana gekennzeichnet ist, die 2 Stationen bis ins Stadtzentrum nahe dem Hauptbahnhof gefahren und wenn man dort den Ausgang Kulturhuset nimmt, kriegt man erst mal einen Schock. Was für ein häßlicher und abweisender Platz mit gesichtsloser Architektur umstellt. Bloß schnell weiter die Fußgängerzone und Haupteinkaufsstraße Drottninggatan entlang Richtung Altstadt.
Um in Stockholms Altstadt Gamla Stan zu gelangen, welche auf der Insel Stadsholmen (Stadtinsel) liegt, muß man vom Festland aus zunächst die kleine Insel Helgeandsholmen (Heiliggeist-Insel) überqueren, auf der der schwedische Reichstag seinen Sitz hat. Zwischen den Regierungsgebäuden hindurch erreicht man über eine Brücke die angrenzende Altstadtinsel und damit das Herz Stockholms.
Wie bereits im Mittelalter verlaufen die Hauptstrassen in der Altstadt von Nord nach Süd und schmale Seitengassen fallen zum Wasser hin ab.
Dank kluger Sanierungspolitik wohnen auch heute noch Menschen in der Altstadt und sie wurde nicht ausschließlich dem Tourismus und dem Kommerz geopfert. Sobald man die Hauptsrassen verlässt, taucht man in eine völlig andere Welt ein, die die meisten Besucher leider gar nicht wahrnehmen.
Hier eine besonders hübsche Schaufensterdekoration einer altmodischen Bonbonmanufaktur. Während links frisch "ausgesäte" Bonbons auf fruchtbaren Boden treffen, "keimen" rechts schon die ersten "Polkargrisar", rot-weiß geringelte Zuckerstangen aus Südschweden.
Nachdem man eine Weile zwischen prächtigen Bürgerhäusern, durch verwinkelte Gassen und über lauschige Plätze spaziert ist, erreicht man irgendwann den Stortorget, den großen Platz, höchster Punkt der Insel und die "Keimzelle" der Stadt. Wo früher Markt gehalten wurde treffen heute die Touristen aus aller Welt zusammen und genießen das Ambiente.
Einen guten Teil der Inselfläche nimmt der riesige königliche Palast ein, einer der größten der Welt. Zufällig war ich mal wieder um die Mittagszeit vor Ort und so konnte ich mir eine Wachablösung mit Musik ansehen und anhören.
Die Hauptfassade des Schlosses, welches nach einem verheerenden Brand im Jahre 1697 bis 1754 neu errichtet wurde, zeigt in Richtung Festland und damit auf den Stadtteil Norrmalm. Dort steht auf seinem Sockel das Standbild Karl XII, der Kriegerkönig, welcher in Richtung Rußland zeigt, dorthin also wo damals der Feind lauerte.
Im Frühling blühen auf Stockholms öffentlichen Plätzen ganze Blumenmeere und wahrscheinlich die meisten Tulpen nördlich von Holland.
Das in feinstem Jugendstil errichtete Königliche Dramatische Theater (Dramaten), welches aus üppigen Lotterieeinnahmen finanziert wurde, ist der Startpunkt für einen langen Spaziergang auf den wir uns jetzt begeben wollen.
Vor seinem Haupteingang befindet sich die Büste August Stridbergs, mit dessen Stück "Meister Olof" das Theater 1908 eröffnet wurde.
Mit einer dezenten Werbefahne an einem der belebtesten Stockholmer Plätze, dem Stureplan, erinnert der schwedische Bekleidungskonzern H&M daran, daß bald die Badesaison beginnt.
Auch mich zieht es ans Wasser, aber es reicht mir trockenen Fußes dem Strandvägen, Stockholms feinster Adresse, welche einst aus einem maroden Hafenquartier entstanden ist, in östlicher Richtung zu folgen. Monumentale Wohn- und Hotelpaläste, exclusive Geschäfte, ein mordsmäßiger Autoverkehr, am Kai vertäute Luxusyachten und ältliche Wohnkähne, alles das kann man bei einem Spaziergang entlang der Wasserkante entdecken.
Zahlreiche Anlegestellen für Fähren und Ausflugsschiffe aller Art säumen das Ufer. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.
Nah etwa 2 Kilometern Fußweg erreichen wir die Brücke welche das Festland mit der Insel Djurgarden, dem einstigen königlichen Tiergarten und Jagdrevier, verbindet. Den Eingang markiert dieses prächtige kobaltblaue Tor welches heute jedem Besucher offen steht.
Wenn man dem nördlichen Weg entlang des Wassers folgt, bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf das Festland. Wer hier auf der Insel Djurgarden wohnen darf gehört nicht zu den Ärmsten und genießt das Privileg absoluter Ruhe in stadtnaher Lage.
Eigentliches Ziel meines Spaziergangs war das "Schloß" Rosendahl, wobei ich Schloß bewußt in Anführungszeichen setze. Was für eine Enttäuschung erwartete mich, nachdem ich dort angekommen war. Diese rosafarbene Pappschachtel, welche den zweifelhaften Titel das erste und vermutliche einzige aus Fertigteilen errichtete Schloß zu sein tragen darf, lag noch im Winterschlaf und fast wäre ich daran vorbei gestiefelt, auf der Suche nach einem "richtigen" Schloß. Innen soll es im Empirestil, mit Mahagonimöbeln und plüschigen Gardinen in gewagter Farbenpracht eingerichtet sein, aber davon war noch nichts zu sehen.
In der schönen Parklandschaft um das Schloß lüftet der griechisch/römische Gott des Frühlings, Apoll, schon mal die Achselhaare und der Frühling tut was er kann und zaubert wunderbare Farben in die Natur.
Beeindruckender als das "Schloß" fand ich diese riesige Schale oder Vase, welche dahinter aufgestellt ist. Aus einem einzigen 140 Tonnen schweren Porphyrblock, einem Vulkangestein, in der nördlich gelegenen schwedischen Provinz Dalarna gemeißelt und anschließend 9 Tonnen schwer, ging die Vase auf ihre fast zweimonatige Reise, von Pferden gezogen und von über 100 starken Männern aus Dalarna begleitet, bis sie Ende November 1825 hier aufgestellt werden konnte.
Im Hintergrund zeigt sich der 155 Meter hohe Fernsehturm, der 1967 eingeweiht wurde und bis vor wenigen Jahren das höchste Bauwerk in Skandinavien war.
Wer an der Wasserkante der Insel Djurgarden wohnt, kann vorne mit dem Auto und hinten mit dem Boot vorfahren.
Nein, wir sind nicht in Oslo, aber da der 17. Mai der Norwegische Nationalfeiertag ist, hat man für die skandinavischen Nachbarn gleich mitgeflaggt.
Von der Nordwestspitze der Insel Djurgarden schaut man auf die Innenstadt von Stockholm.
Von der kleinen Insel Riddarholmen, die sich westlich an die Altstadtinsel anschmiegt, geht der Blick auf das Stockholmer Rathaus, welches auf seiner Turmspitze 3 goldene Kronen zeigt.
Hier sind wir wieder am Anleger in der Nähe des Königlichen Dramatischen Theaters, wo schon die Östana I auf ihre Passagiere wartet. Mit ihr machen wir einen kleinen Ausflug in die Welt der Schären, den Stockholm vorgelagerten Inseln. Eine Schäre ist eine Insel, die ihre Entstehung und ihre flache, abgerundete Form vergangener Eiszeiten zu verdanken hat. Vor Stockholm in der Ostsee gibt es etwa 24000 davon. Da unsere Reise nur etwa 3 Stunden dauert, werden wir nur einige davon sehen. Das reicht aber schon, um die Schönheit und Vielfalt zu erkennen, welche in dieser Inselwelt verborgen liegt.
Also, lassen wir den gemütlichen und plüschigen Salon des Schiffes links liegen und nehmen Platz im Freien, damit wir ja keinen der vielen schönen An- und Ausblicke verpassen. Leinen los !
Mit dem über 100 Jahre alten Dampfer, der aus einem Astrid-Lindgren-Buch stammen könnte, geht es zunächst vorbei an den Inseln Skeppsholmen, Kastellholmen und Djurgarden, dann an der Südküste von Djurgarden hinaus in die Ostsee und den Schärengarten.
In diesen alten Lager- und Kontorhäusern ist u.a. das Ostasiatikamuseum untergebracht. Im Hintergrund die runde Kuppel der Kirche von Skeppsholmen.
Die Altstadtinsel mit einem Teil des Schlosses und den Türmen der Großen Kirche und der Deutschen Kirche. Im Hintergrund der Rathausturm mit den 3 Kronen.
Vorbei an großen Pötten...
... und vorbei an großen Häusern....
... gelangt man nach einiger Zeit in die Welt der Inseln. Hier scheint, zumindest äußerlich, die Zeit stehengeblieben zu sein.
Bunte Holzhäuser, jedes mit eigenem Bootssteg und der schwedischen Fahne am Mast, inmitten waldreicher Natur. Ein Idyll vor den Toren der Stadt. Genießen Sie die folgenden Bilder weitestgehend kommentarfrei.
Hoffentlich weiß der Kapitän dieses Kreuzfahrtschiffes wo es lang geht, damit nicht noch so ein schreckliches Unglück wie vor der italienischen Küste geschieht.
Übervoll mit Eindrücken, vom Wind ordentlich durchgepustet und von den Wellen sanft gewiegt, kehren die Passagiere der Östana I nach etwa 3 Stunden an den Stockholmer Strandvägen zurück.
Kurz vor dem Anleger, am südwestlichsten Zipfel der Insel Djurgarden, liegt der Vergnügungspark Gröna Lund. Das historische Kettenkarussell steht mitten im Wasser.
Bei meiner nächsten Stockholmreise, die hoffentlich nicht so lange auf sich warten läßt, möchte ich unbedingt das riesige Nordiska Museet, also das Nordische Museum, besuchen. Die Sammlung bewahrt heute 1,5 Millionen Gegenstände die typisch skandinavisch sind oder einmal waren.
Interessant auch das daneben liegende Vasa-Museum. 1628 sank bei ihrem Stapellauf die Vasa, die der Stolz und das Flaggschiff der königlichen Flotte werden sollte. Im Schlick des Stockholmer Hafens, über mehr als 3 Jahrhunderte konserviert, gelang die Bergung 1961. Heute kann man in dem imposanten Bau, dessen holzverkleidete Fassade der Form des Dreimasters nachempfunden ist, den gewaltigen Rumpf des Schiffes auf mehreren Ebenen umrunden und das beeindruckende Heck mit seinen prachtvollen Schnitzereien bewundern. Ausstellungen über den Alltag der Seeleute, den Schiffsbau im 17. Jahrhundert und über die aufwändige Bergung des Wracks runden den Besuch ab.
Es gibt noch viel zu sehen in Stockholm und deshalb möchte ich bald wieder hierher reisen. Außerdem bietet Stockholm eine ideale Ausgangsbasis für Fährüberfahrten nach Helsinki und Turku und ins gegenüberliegende Baltikum.
Zurück nach Düsseldorf ging es den nun bereits bekannten Weg mit dem Schnellzug nach Kopenhagen, wo ich nach einer Zwischenübernachtung einen weiteren schönen Sonntag verbracht habe und anschließend, am Abend, mit dem Nachtzug nach Hause.